Zum Thomas Mann Jahr (150. Geburtstag am 06.Juni, 70. Todestag am 11. August 2025) laden wir Sie herzlich ein, dass neue Buch von Kerstin Holzer zu erleben. Der Tegernsee um 1918 – Sommerfrische mit Thomas Mann und seiner Familie – ein etwas anderes Buch über den weltberühmten Nobelpreisträger, der Literaturgeschichte geschrieben hat.
Und darüber, welche Kraft ein Urlaub am Tegernsee geben kann.
Am Freitag, 11. April 2025
17:00 – ca. 18:30 Uhr
Eintrittspreis: EUR 15,00 (Vorabkasse als Ticketverkauf) inklusive Erfrischungen
Kostenfrei für unsere Hotelgäste – Anmeldung erforderlich
Sommerfrische in Bayern, 1918. Die Familie Thomas Mann hat ein Haus am Tegernsee gemietet. Es sollen unbeschwerte Monate werden – doch die Welt verändert sich dramatisch, und auch der Schriftsteller wird bald ein anderer sein.
Die Kinder schwimmen und angeln Rotaugen, der Vater rudert, geht spazieren und besteigt erstmals einen Berg, die Mutter kümmert sich um das neue Baby, und Bauschan, der Hund, döst im Schatten, während ihn Thomas Mann gerade zum Helden seiner Erzählung »Herr und Hund« macht.
Ein Idyll, doch den Schriftsteller plagen Sorgen. Die deutsche Niederlage im Ersten Weltkrieg steht bevor, Revolution liegt in der Luft, und mit seinem antidemokratischen Manifest »Betrachtungen eines Unpolitischen« sitzt Thomas Mann historisch auf dem falschen Dampfer. Mit seinem Bruder Heinrich hat er sich deswegen überworfen, für die Arbeit am nächsten großen Werk »Der Zauberberg« fehlt ihm die Kraft, und dann fällt ihm auch noch ein Zahn heraus.
Kerstin Holzer schreibt mit Wärme und Humor über einen ganz besonderen Sommer im Leben des Literatur-Nobelpreisträgers, über dessen Ängste und Sehnsüchte. Die Familie-Mann-Kennerin zeigt mit beeindruckender Beobachtungsgabe einen modernen Mann, einen seinen Kindern zugewandten Vater, einen Schriftsteller, der in der Begegnung mit der Natur (bei Spaziergängen mit seinem Hund Bauschan) eine Krise überwindet ("Betrachtungen eines Unpolitischen") und eine neue Haltung dem Leben gegenüber entwickelt. "Thomas Mann macht Ferien" ist ein ebenso unterhaltsames wie kluges Buch zum Verständnis von Leben und Werk Thomas Manns.
Gemeinsam mit der See=Buchhandlung Rottach-Egern, ehemals Kolmansberger, und Frau Barbara Schäfer, präsentieren wir Kerstin Holzers 'Thomas Mann macht Ferien'. Das Buch ist bei der Lesung und ab dem 12. April in der Buchhandlung verfügbar.
Eigentlich mein Hund: Als frischgebackene Hundehalterin verbrachte ich viel Zeit auf dem Land am Tegernsee und las dort Thomas Manns „Herr und Hund“. Dabei erinnerte ich mich, dass er diese amüsante Erzählung ja genau dort geschrieben hat, im bayerischen Sommeridyll 1918 mit der ganzen Familie, in einem Haus am See mit Boot und Bergpanorama. Aber in ihm rangen Selbstzweifel und Trotz, denn Mann befand sich in der wohl größten Krise seines Lebens. Mich hat interessiert, wie er sie bewältigt hat.
Im letzten Kriegssommer des Ersten Weltkriegs war die Niederlage der Deutschen absehbar, Revolution lag in der Luft. Thomas Mann musste fürchten, mit seiner antidemokratischen Kriegsschrift „Betrachtungen eines Unpolitischen“ demnächst auf Seiten der Kriegsverlierer zu stehen – für ihn eine Katastrophe. Dann hatten sich die wenig geliebten Schwiegereltern zu Besuch am Tegernsee angesagt, außerdem quälten ihn Zahnprobleme. Aber trotz aller Malaisen markiert der Sommer 1918 für Mann den Wendepunkt zu einer inneren Veränderung, und das mit immerhin Mitte 40. „Tegernsee lebt noch in mir“, hat er nach der Rückkehr in seinem Tagebuch notiert. Die Einsichten dieser Zeit haben dem „Zauberberg“ eine neue Richtung gegeben, und ohne sie hätte Mann sich nicht zum entschiedenen Demokratie-Befürworter entwickelt, als den wir ihn heute erinnern.
Seine ungeheuer stabile Frau Katia und seine neuentdeckte Vaterliebe, die ihn selbst überraschte. Sein Hund Bauschan, der ihm nachsah, dass Mann als Hundeherr nicht gerade brillierte. Die Schönheit eines prachtvollen Sommers in Bayern: Thomas Mann ruderte über den See und hat in diesen verwirrenden Wochen sogar erstmals einen Berg bestiegen – er, der doch das Meer so liebte. Und natürlich: das Schreiben. Wir wissen recht viel über diese Sommerfrische, aus Manns Briefen, den Tagebüchern der Schwiegermutter Hedwig Pringsheim und den Erinnerungen der Kinder.
Sein Leben spiegelt das 20. Jahrhundert mit Monarchie, zwei großen Kriegen, Kampf gegen den Faschismus, Exil und Engagement für die Demokratie. Hinzu kommt, dass wir den Menschen Thomas Mann allmählich erkennen als das, was er auch war – ein moderner Mann mit seinen Ambivalenzen, der eben überhaupt nicht ins klassische Männerbild seiner Zeit passte: narzisstisch und fürsorglich, erotisch fluide und doch ziemlich glücklich verheiratet, einsam und abhängig vom Schutz der Familie. Wie rätselhaft dieser Literaturgigant uns immer noch ist, trotz Tausender von Tagebuchseiten, davon erzählen Unmengen an Sekundärliteratur und der spannende Kampf der germanistischen Fachwelt um die Deutungshoheit. Jeder liest eben seinen eigenen Thomas Mann.
Ich nähere mich ihm als enthusiastische Leserin und finde natürlich: und wie! Allein die „große Gereiztheit“, die er im „Zauberberg“ analysiert – es gibt keinen treffenderen Begriff für unsere nervöse Gegenwart. Ich lese Thomas Mann auch als Seelenkenner. Sein Thema ist Sehnsucht, nicht Erfüllung. Er hat das Leiden an der Unmöglichkeit seiner homoerotischen Sehnsüchte seiner Literatur eingeschrieben und erzählt damit gleichzeitig vom stillen Drama der Allermeisten, nicht alle Träume ihres Lebens erfüllt zu sehen, nicht alle Aspekte ihrer Persönlichkeit ausleben zu können. Sein Wissen um Ängste und Entsagung macht sein Werk so zeitlos und tröstlich. Und oft hinreißend komisch, denn sein Humor entspringt immer aus größerer wie kleinerer Verzweiflung.
Kerstin Holzer, geboren 1967, studierte Politikwissenschaft und lebt in München und Bad Wiessee. Als Journalistin arbeitete sie u.a. für Focus, die Süddeutsche Zeitung und Madame. Als Buchautorin verfasste sie die SPIEGEL-Bestseller »Elisabeth Mann Borgese – ein Lebensportrait«, gemeinsam mit Léa Linster »Mein Weg zu den Sternen« und zuletzt »Monascella – Monika Mann und ihr Leben auf Capri«.