»Hier darf man es nicht eilig haben«

In Celle trifft Barock auf Bauhaus: Kunstexperte Markus Eckstein führt vom Althoff Hotel Fürstenhof aus durch die Stadt.
Kunst Markus Eckstein

MARKUS ECKSTEIN studierte Kunstgeschichte, Philosophie und Germanistik an der Universität zu Köln. Er arbeitet als freier Autor, Reiseleiter sowie als Kunst- und Museumsführer im deutschsprachigen Raum. Für Althoff erkundete er die reizvollen Seiten von Celle.

Herr Eckstein, warum sollte man Celle besuchen?

Die Stadt beherbergt rund 500 Fachwerkhäuser, es ist das größte bestehende Fachwerk-Ensemble Deutschlands, wenn nicht Europas, dazu noch in einer planmäßigen Stadtanlage aus dem späten 13. Jahrhundert. Das ist gleich in mehrfacher Hinsicht außergewöhnlich. Ein Freund von mir hat Celle mal als »Puppenstube« bezeichnet, weil es ein ideales »altdeutsches« Bild abgibt.

Warum bietet sich das Hotel Fürstenhof als Ausgangspunkt für einen Stadtrundgang an?

Es zählt zu den ältesten Gebäuden in der Westceller Vorstadt aus dem ausgehenden 17. Jahrhundert. Authentisch erhalten ist noch das sogenannte Tapetenzimmer von um 1825. Das wirklich Bemerkenswerte aber ist die Tatsache, dass das Gebäude in den 1970ern vor dem Verfall gerettet und anschließend sehr stimmig neu eingerichtet wurde. Bereits in der Eingangshalle mit dem repräsentativen Treppenhaus können Sie barocken Lebensstil atmen.

Die Wandvertäfelungen und -behänge, die Lampen und Vasen stammen entweder aus anderen Celler Barockhäusern oder aus dem 1972 abgerissenen Schloss Groß Schwülper bei Braunschweig, dazu kommen Repliken, die aber sehr stilbewusst ausgewählt wurden. Es ist wie eine Zeitreise ins Barock.

Welches ist nach dem Hotel Fürstenhof die erste Station?

Das Hotel ist Teil der architekturMEILE in der Westceller Vorstadt, die auf eineinhalb Kilometern eine wundervolle Abfolge von den barocken Anfängen um 1680 über Historismus, Klassizismus und Bauhaus bis hin zur Postmoderne umfasst. Ganz nah beim Fürstenhof steht die Martin-Luther-Kirche von Fritz Höger, dem Mitbegründer des norddeutschen Backsteinexpressionismus und Erbauer des weltberühmten Chile-Hauses in Hamburg. Von dort geht es weiter bis in die Altstadt mit dem Ende des 13. Jahrhunderts begonnenen Schlossbau. Dessen Schlosskapelle gilt als die einzige erhaltene frühprotestantische Hofkapelle. Der spätgotische Bau wurde ab 1565 im Sinne des protestantischen Kultus mit einer vollständig erhaltenen Renaissance-Ausstattung versehen. Ebenfalls sehenswert ist das barocke Schlosstheater, der älteste regelmäßig bespielte Theaterbau mit einem eigenen Ensemble.

Kunst Markus Eckstein
Die französische Handdrucktapete von circa 1825 im Tapetenzimmer des Hotel Fürstenhof ist original erhalten, in anderen Räumen wurde barockes Dekor gekonnt neu inszeniert.
Kunst Markus Eckstein
Kunst Markus Eckstein

Welches ist der Höhepunkt Ihres Stadtrundgangs?

In der Poststraße gibt es ein Ensemble von vier nebeneinanderstehenden Häusern, die exemplarisch die Entwicklung des niedersächsischen Fachwerks über vier Jahrhunderte zeigen. Das älteste ist das Hoppener Haus von 1532 mit reichem Figurenschmuck aus antiken und volkstümlichen Gestalten sowie Fabelwesen. Beim Blick auf die jüngeren Gebäude nebenan ist zu sehen, wie sich die Bauweise von großer Komplexität mit Verzierungen hin zu einer Art Fachwerkrationalität entwickelt hat.

Für Leute, die es eilig haben: Was darf man darüber hinaus auf keinen Fall in Celle verpassen?

Für Celle darf man keine Eile haben, dafür gibt es zu viel zu sehen. Aber wer die Essenz der Stadt in kurzer Zeit erleben will, dem empfehle ich einen Rundgang durch die Fußgängerzone ab Großer Plan. Neben dem Ensemble mit dem Hoppener Haus kreuzt man den Markt mit dem Rathaus und wandert bis zur evangelisch-lutherischen Stadtkirche St. Marien, die Ende des 17. Jahrhunderts komplett barockisiert wurde. Hierbei bekommt man einen hervorragenden Eindruck der barocken Kultur mit ihrem unbedingten Willen zur Vereinheitlichung der architektonischen Gestaltung.

Welches ist Ihr persönlicher Lieblingsort?

Davon gibt es gleich zwei. Am Magnusgraben gibt es am Übergang zum Französischen Garten ein sehr reizvolles Ensemble mit einer Bauhaus-Villa, dem im Kern von um 1700 stammenden Celler Logenhaus sowie der klassizistischen Katholischen Kirche St. Ludwig samt postmodernem Pfarrheim. All das strahlt im Zusammenspiel mit der barocken Gartenanlage eine ganz besondere Atmosphäre aus. Der zweite ist das Kaffeehaus Kiess & Krause am Großen Plan, dessen Interieur mit den eleganten Sitznischen von Bauhaus-Architekt Otto Haesler gestaltet wurde.

In Celle trifft Barock auf Bauhaus. Was macht für Sie den Reiz dieses Gegensatz-Paares aus?

Beide Epochenstilrichtungen legen Wert auf eine je eigene Art von Gesamtkunstwerk, auf einen engen Zusammenklang von Architektur und Interieur. Wobei es im Barock um eine streng hierarchische, autoritäre Gesellschaft ging, die dem und den Höheren geweiht war. Das Bauhaus dagegen ist der Ausdruck einer freien und demokratisch verfassten Gesellschaft, welche die qualitativen Ansprüche an Architektur und Design nun für alle zugänglich und erschwinglich machen wollte. Dass diese beiden Epochen hier in Celle so direkt und prominent aufeinandertreffen, ist sehr spannend.

Kunst Markus Eckstein

Zurück im Hotel Fürstenhof können wir im Palio einkehren. Warum passt ausgerechnet ein italienisches Restaurant so gut hierher?

Italienische Baumeister waren in der barocken Hofkultur des 17. Jahrhunderts sehr begehrt. So war der Lombarde Giuseppe Arighini Architekt des Celler Schlosstheaters. Eine für Celle sehr prägende Gestalt war der aus Rimini stammende Francesco Maria Capellini, genannt Stechinelli. Er war der größte Geldgeber der Welfenherzöge und besaß allein in Celle zwei Stadtpalais. Das bekanntere ist das Stechinelli-Haus am Großen Plan. Stechinelli war aber auch Eigentümer des adligen Freihauses, welches heute das Hotel Fürstenhof beherbergt. Im Restaurant Palio treffen sich also italienisch geprägte Celler Stadtgeschichte und Kulinarik.

Blühende Kastanie
Destination Celle

Stadtrundgang Celle mit Markus Eckstein

  1. Hotel Fürstenhof: Barockpalais aus dem 17. Jahrhundert
  2. Martin-Luther-Kirche von Fritz Höger
  3. Ensemble am Magnusgraben mit Bauhaus-Villa von Otto Haesler, Logenhaus und Kirche St. Ludwig
  4. Französischer Garten
  5. Stechbahn und Stadtkirche St. Marien, Marktplatz und Rathaus
  6. Fachwerkensemble in der Poststraße mit dem reich verzierten Hoppener Haus von 1532
  7. Großer Plan mit Kaffeehaus Kiess & Krause (Bauhaus-Interieur)
  8. Stechinelli-Haus
  9. Herzogschloss aus dem 13. Jahrhundert, Renaissance-Schlosskapelle und barockes Hoftheater
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IHR AUFENTHALT

Möchten auch Sie den Stadtrundgang machen und sehen, wie in Celle Barock und Bauhaus aufeinander treffen?

Dann freuen wir uns, Sie bei im Althoff Hotel Fürsthenhof Celle begrüßen zu dürfen!

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