Geboren und aufgewachsen in Hamm, Westfalen, wusste MAIKE ARNDT schon während ihres Studiums, dass es beruflich nur ein Ziel gibt: Interior Design für Hotels zu entwerfen. Für Maike Arndt ist das die Königsdisziplin überhaupt. Nach aufregenden Projekten in Berlin, Moskau und Dublin und einer Weltreise übernahm sie im Jahr 2020 den Posten des Director of Interior Design bei den Althoff Hotels.
Frau Arndt, wie muss man sich Ihren Job als Director of Interior Design vorstellen?
Bei mir laufen im Bereich der Innenarchitektur alle Fäden zusammen. Ich betreue die Bestandshäuser und auch die neuen Bauprojekte. Ich bin die Schnittstelle zwischen den externen Interior Designern, den Architekten und Fachplanern, den ausführenden Firmen, also allen Beteiligten an den jeweiligen Projekten.
Auf welche Projekte konzentrieren Sie sich gerade am stärksten?
Aktuell liegt mein Hauptaugenmerk auf drei Projekten. Das Althoff Dom Hotel in Köln, die ehemalige Villa Kennedy in Frankfurt sowie die Umbaumaßnahmen in der Villa Belrose am Golf von Saint-Tropez. Dort haben wir jüngst zusammen mit unserem Head of Design Markus Hilzinger ein Musterzimmer entwickelt
Können Sie den Begriff Musterzimmer einmal genauer erklären?
Es ist ein sehr wichtiger Schritt bei der Planung und Gestaltung unserer Hotels. Wir haben in der Villa Belrose ein einziges Zimmer vorab komplett renoviert und vollständig eingerichtet. Es ist also wie ein Modell im Maßstab 1:1, bei dem man jedes einzelne Möbelstück begutachtet und die Qualitäten festlegt. Zudem wird jedes Detail geprüft, etwa ob der Stuhl die richtige Höhe zum Tisch hat oder ob man dieses oder jenes nicht doch noch ein wenig verändern möchte. Wenn im Musterzimmer alles passt, kann man anhand dieser Blaupause alle anderen Zimmer realisieren.
Worauf können sich die Gäste der Villa Belrose im kommenden Jahr freuen?
Aktuell ist alles noch Work in progress, denn schließlich wollen wir unseren Gästen zum Saisonstart im April 2024 ein perfektes Hotelerlebnis bieten. Nur so viel sei verraten: Das neue Design fügt sich sehr harmonisch in die bestehende Architektur ein. Die Zimmer sind zeitlos modern und entsprechen dem Stil des Hauses, den ich gern als mondän mediterran bezeichne.
Was war für Sie das Besondere bei der Neugestaltung der Villa Belrose?
Ursprünglich gab es die Idee, die Zimmer komplett zu verändern, also das Bad neu zu konfigurieren, eine begehbare Ankleide zu schaffen und somit den gesamten Grundriss zu modifizieren. Vor Ort stellten wir aber fest, dass wir das auf keinen Fall machen werden, denn es gibt dort ein fantastisches Marmorbad, das wir unbedingt erhalten wollten. Also haben wir den gesamten Grundriss noch einmal infrage gestellt und die Stuckprofile und die großzügigen Ausmaße des Raums erhalten. Wir konnten den Charakter der Zimmer bewahren und zugleich ein zeitgemäßes Ambiente schaffen.
Es gibt im Interior Design wechselnde Trends, doch wie konzipiert man das Design eines Hotels, bei dem man nicht jährlich Anpassungen vornehmen kann?
Grundsätzlich stellt man sich bei der Gestaltung die Frage, welche Botschaft vermittelt werden soll. Was ist der »Sense of Place«, was ist das Storytelling, also die Geschichte, die der Gast auf seiner Reise erfahren soll? Das geht über die bloße Ästhetik hinaus. Die Kunst besteht darin, die lokale Identität zu finden und auf das Interior Design zu übertragen. Also welche narrativen Elemente werden in den Designprozess integriert, welche besonderen Materialien gibt es zum Beispiel vor Ort, die man verwenden könnte? Das kann Naturstein sein, Stoff, Holz, aber auch Werke lokaler Künstler oder Accessoires, die unverkennbar aus der Gegend stammen.
Ist Interior Design immer auch eine Auseinandersetzung mit der Geschichte?
Auf jeden Fall. Nehmen wir nur die Villa Belrose als Exempel. Es ist eine alte, herrschaftliche Villa. Es würde nicht passen, dort das Design eines urbanen Stadthotels umzusetzen. Man muss immer überlegen, welche Geschichte man erzählen möchte, wie man sie in den Bestand integriert und dabei den die DNA Hauses erhält
Wie oft verändern Sie etwas in Ihrem Heim?
Oft (lacht). Nichts ist ja beständiger als der Wandel. Und ich glaube, meine Wohnung wird wahrscheinlich niemals fertig sein
Fortsetzung des Interviews aus dem Althoff Magazin...
Bleibt Ihnen noch Zeit, selbst Entwürfe zu gestalten?
Meine Arbeit ist sehr abwechslungsreich, und natürlich entwerfe ich auch selbst gerne. Die Ideen setzen wir dann im Team um. Es ist ein sehr kreativer, vielseitiger Job, zumal die Gestaltung und Realisierung eines oder mehrerer Hotels immer umfangreiche Projekte sind.
Wie lange hält sich das Design, bevor man es wieder erneuern muss?
Früher gab es die Faustregel, dass es so alle zehn Jahre geschieht. Das hat sich – auch unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit – gewandelt. Niemand würde heute beispielsweise Marmor entfernen, um ihn durch Fliesen zu ersetzen. Man achtet vielmehr darauf, dass Materialien langlebig sind und dass auch das Design über viele Jahre funktioniert. Es gibt ein sehr schönes Zitat von Coco Chanel, dass das gut zusammenfasst: »Mode geht, Stil bleibt«.
Was sind die größten Fehler, die beim Interior Design passieren können?
Mich stört es immer, wenn sich das Design in den Vordergrund drängt und dadurch die Funktionalität beeinträchtigt wird. Das kann ein unbequemer Sessel sein oder ein Stuhl, der nicht richtig zur Tischhöhe passt. Ganz schlimm ist es, wenn man nicht die richtigen Lichtschalter findet. Muss man drei Mal aufstehen, um auch noch die letzte Leuchte auszuschalten, stimmt etwas nicht.
Bekommen Sie Feedback von den Gästen?
Ich bekomme am meisten Rückmeldung von den Kolleginnen und Kollegen. Aber in der Regel sind mein Team und ich rund um eine Eröffnung vor Ort und erleben hautnah mit, wie unsere Arbeit ankommt. Wir beziehen in der Planungsphase aber auch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit ein, wie etwa das Housekeeping, das uns zum Beispiel mit Informationen versorgt, welche Stoffe sich gut eignen oder welche Raumecken vielleicht schwer zu pflegen sind. Das ist sehr wertvoll für uns, denn wir wollen entwerfen und gestalten, was für alle funktioniert.
Wie auffällig darf oder soll Interior Design sein?
Es darf nie Selbstzweck sein. Der Gast soll sich zum einen zu Hause fühlen, aber dennoch in eine andere Welt eintauchen können.
Ist dieses Eintauchen der Moment, in dem Sie wissen, dass Sie bei Ihrer Arbeit alles richtig gemacht haben?
Wenn am Ende alle glücklich sind, weiß ich, dass ich alles richtig gemacht habe. In erster Linie soll sich der Gast wohlfühlen, aber natürlich auch die Hotelmitarbeitenden. Meine Kolleginnen und Kollegen sollen einen schönen Arbeitsplatz bekommen.
Welcher Trend im Interior Design gefällt Ihnen aktuell am besten?
Ganz spannend finde ich gerade das biophile Design, ein ästhetisches Konzept, das darauf abzielt, Räume so zu gestalten, dass sie besser mit der Natur harmonieren. Das ist zurzeit ein großes Thema auch bei meiner Arbeit: Gesunde Lebensräume im Einklang mit der Natur zu schaffen und dabei auch ressourcenschonend und sorgfältig mit den Materialien umzugehen.
Wo finden Sie Inspirationen für Ihre Arbeit?
Wenn ich das konkret auf ein Hotel übertrage, dann hauptsächlich vor Ort. Es ist schon mal vorgekommen, dass ich alle Entwürfe aufgrund meiner Eindrücke von der Location verworfen habe. Aber ansonsten findet sich Inspiration überall: in Fachmagazinen, Ausstellungen, Museen, Reisen, im Austausch mit dem Team. Es kann auch ein Spaziergang im Wald sein. Meine besten Ideen kommen mir eigentlich immer beim Radfahren.
Wie gestaltet jemand wie Sie sein eigenes Zuhause?
Ich würde es als eklektisch bezeichnen. Da gibt es den Schrank von meiner Oma und genauso das gerettete Schulpult aus einem alten Kloster, aber auch die Designerleuchte und die Vasensammlung vom Flohmarkt.